Photovoltaikanlagen bewerten – Gutachten & Wertfaktoren

Über zwei Millionen Photovoltaikanlagen produzieren in Deutschland grünen Strom – und generieren dabei nicht nur Energie, sondern auch beträchtliche wirtschaftliche Werte. Doch was passiert, wenn eine Solaranlage vererbt wird? Welchen Wert hat sie bei einer Scheidung oder Unternehmensübernahme? Und wie bewertet das Finanzamt eine PV-Anlage im Erbschaftsfall?

Die Antworten auf diese Fragen sind komplexer, als viele Eigentümer vermuten. Anders als bei klassischen Immobilien existiert für Photovoltaikanlagen keine eindeutige gesetzliche Bewertungsmethode. Gerichte urteilen unterschiedlich darüber, ob eine Aufdachanlage zum Gebäude gehört oder ein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellt. Gleichzeitig beeinflussen technische Details vom Zustand des Wechselrichters bis zur Restlaufzeit der EEG-Förderung den ermittelten Wert erheblich.

Dieser Artikel zeigt Ihnen, wann Sie ein Gutachten für Ihre Photovoltaikanlage benötigen, welche Bewertungsverfahren zum Einsatz kommen können und welche Faktoren den Wert Ihrer Solaranlage maßgeblich bestimmen. Erfahren Sie, wie Sachverständige den Wert berechnen und warum eine professionelle Bewertung in vielen Situationen unverzichtbar ist.

In diesem Artikel:

Wann wird die Bewertung einer Photovoltaikanlage benötigt?

Die Wertermittlung von Photovoltaikanlagen erfolgt in verschiedenen Situationen, die sowohl private als auch gewerbliche Anlagenbetreiber betreffen können:

Steuerliche Bewertungsanlässe

Erbschaftssteuer und Schenkung: Wenn eine PV-Anlage vererbt oder verschenkt wird, muss das Finanzamt den Wert zum Stichtag kennen. Ein Verkehrswertgutachten dient hier als Nachweis gegenüber der Finanzbehörde.

Bilanzierung: Unternehmen müssen Photovoltaikanlagen in ihrer Jahresbilanz ausweisen. Der Buchwert wird dabei durch ein Bilanzierungsgutachten bestätigt, das die aktuellen Abschreibungen berücksichtigt.

Finanzierungen und Kreditbesicherung

Banken verlangen vor der Kreditvergabe häufig ein Beleihungswertgutachten, um das Finanzierungsrisiko einzuschätzen. Dies gilt besonders, wenn die PV-Anlage als Sicherheit dienen soll oder eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist.

Unternehmensbewertungen

Bei Firmenübernahmen, Fusionen oder Insolvenzverfahren müssen alle Vermögenswerte, einschließlich Photovoltaikanlagen bewertet werden. Der ermittelte Wert fließt in die Gesamtbewertung des Unternehmens ein.

Rechtliche Auseinandersetzungen

Streitigkeiten über Eigentumsverhältnisse, Scheidungsverfahren oder Erbengemeinschaften erfordern oft ein gerichtsfestes Gutachten. Auch bei Fragen zu Grunddienstbarkeiten, etwa wenn der Anlagenbetreiber nicht Grundstückseigentümer ist, wird eine unabhängige Bewertung notwendig.

Die rechtliche Einordnung von PV-Anlagen ist komplex. Während einige Gerichte sie als wesentlichen Bestandteil der Immobilie betrachten, sehen andere sie als eigenständiges Wirtschaftsgut. Ein qualifizierter Sachverständiger berücksichtigt diese Rechtslage bei der Gutachtenerstellung.

Bewertungsverfahren für Photovoltaikanlagen

Im Gegensatz zu klassischen Immobilienbewertungen gibt es für Solaranlagen keine eindeutig festgelegte gesetzliche Bewertungsmethode. In der Praxis haben sich jedoch verschiedene Wertbegriffe etabliert:

Das modifizierte Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist die am häufigsten angewandte Methode zur Bewertung von Photovoltaikanlagen. Es ermittelt den Kapitalwert der Anlage anhand der zukünftig zu erwartenden Erträge.

Berechnung des Jahresertrags:

Das Ertragswertverfahren ermittelt den Kapitalwert der Anlage anhand der zukünftig zu erwartenden Erträge, wobei die Kalkulation heute differenzierter erfolgt: 

Jahresertrag = (Eigenverbrauch × Ersparnis) + (Eingespeiste Menge × Vergütungssatz/Markterlös) 

Der spezifische Ertrag basiert auf langjährigen Wetterdaten und berücksichtigt die standortspezifische Sonneneinstrahlung sowie die altersbedingte Leistungsminderung der Module. 

Hinweis: Bei der Bewertung wird heute immer stärker zwischen Eigenverbrauch (Vergütung mit dem gesparten Bezugspreis) und Einspeisung (Vergütung nach EEG oder Direktvermarktung) differenziert. Ein hoher Eigenverbrauch erhöht den Wert einer Anlage oft deutlich. 

Beispielrechnung:

Eine Photovoltaikanlage mit 120 kWp Leistung in Bayern erzielt bei einem spezifischen Ertrag von 1.050 kWh/kWp und einer Einspeisevergütung von 6,5 Cent/kWh einen jährlichen Rohertrag von: 

120 kWp × 1.050 kWh/kWp × 0,065 €/kWh = 8.190 €

Vom Rohertrag werden die jährlichen Betriebskosten abgezogen:

  • Wartung und Instandhaltung: 800 €
  • Versicherungen: 350 €
  • Verwaltungskosten: 250 €
  • Pacht (falls zutreffend): 500 €
  • Rücklagen für Wechselrichter-Austausch: 600 €

Reinertrag: 8.190 € - 2.500 € = 5.690 €

Dieser Reinertrag wird über die Restlaufzeit mit einem angemessenen Kapitalisierungszinssatz (typischerweise 3-5 % je nach Risikoprofil) auf den Gegenwartswert abgezinst.

Weitere Wertbegriffe

Sachwert: Gibt die Wiederbeschaffungskosten der verbauten Komponenten unter Berücksichtigung von Alter und Zustand an. Relevant hauptsächlich für Versicherungszwecke.

Buchwert: Bilanzwert nach handelsrechtlichen Abschreibungsregeln. Bei linearer Abschreibung über 20 Jahre beträgt die jährliche Abschreibung 5 % der Anschaffungskosten.

Restwert: Der erzielbare Verkaufspreis bei einer Veräußerung, abhängig von Restnutzungsdauer und technischem Zustand.

Für gerichtsfeste Bewertungen sollten Sie stets einen öffentlich bestellten und vereidigten Immobiliensachverständigen beauftragen.

Wertbeeinflussende Faktoren bei Solaranlagen

Der Wert einer Photovoltaikanlage hängt von mehreren Schlüsselfaktoren ab: Standort und Ertragspotenzial, technischer Zustand, rechtliche Absicherung sowie die verbleibende EEG-Förderlaufzeit. Diese Aspekte bestimmen maßgeblich die Wirtschaftlichkeit.

Standortfaktoren

Die geografische Lage bestimmt maßgeblich den Energieertrag. Während in Norddeutschland mit etwa 950-1.000 Volllaststunden gerechnet wird, erreichen Anlagen in Süddeutschland bis zu 1.150 Volllaststunden pro Jahr. Auch Ausrichtung, Neigungswinkel und potenzielle Verschattungen beeinflussen den Ertrag erheblich.

Technischer Zustand und Alter

Der Sachverständige prüft:

  • Funktionsfähigkeit und Effizienz der Module
  • Zustand der Wechselrichter und elektrischen Komponenten
  • Dokumentation von Wartungsarbeiten
  • Bekannte Serienfehler oder Ausfälle
  • Zustand der Unterkonstruktion und Dacheindeckung

Gut gewartete Anlagen mit lückenloser Dokumentation erhalten Risikoabschläge beim Kapitalisierungszinssatz, während mangelhaft gepflegte Systeme Zuschläge erfahren.

Vertragliche und rechtliche Absicherung

Die Qualität der vertraglichen Vereinbarungen spielt eine wichtige Rolle:

  • Einspeiseverträge mit Netzbetreibern
  • Pachtverträge bei Fremdgrundstücken
  • Grundbucheintragungen von Dienstbarkeiten
  • Versicherungsverträge

Eine im Grundbuch eingetragene Photovoltaik-Dienstbarkeit bietet deutlich mehr Rechtssicherheit als rein vertragliche Vereinbarungen.

Restlaufzeit der EEG-Förderung

Die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird für 20 Jahre ab Inbetriebnahme gezahlt. Je kürzer die Restlaufzeit, desto geringer der Ertragswert – es sei denn, attraktive Direktvermarktungsoptionen sind absehbar.

Die Vergütungssätze verringern sich für neue Anlagen kontinuierlich. Anlagen, die vor 2012 installiert wurden, profitieren von deutlich höheren Vergütungen (teils über 40 Cent/kWh), während aktuelle Anlagen nur noch 6-9 Cent/kWh erhalten.

Wirtschaftlichkeit und Renditebetrachtung

Die Wirtschaftlichkeit einer Photovoltaikanlage hängt stark von laufenden Betriebskosten, Wartungsaufwand und Rückbaupflichten ab. Nur wer alle Ausgaben und Erträge realistisch kalkuliert, kann den tatsächlichen Renditewert seiner Solaranlage richtig einschätzen.

Betriebskosten richtig einschätzen

Zu den laufenden Kosten zählen:

  • Monitoring und Fernüberwachung
  • Regelmäßige Wartung und Reinigung
  • Versicherungen (Haftpflicht, Betriebsunterbrechung)
  • Pachtkosten bei Dachflächen-Nutzung
  • Rücklagen für Komponenten-Austausch

Besonders der Wechselrichter muss typischerweise nach 10–15 Jahren ersetzt werden, was etwa 10–15 % der ursprünglichen Investitionskosten entspricht.

Rückbau und Entsorgung

Am Ende der Lebensdauer fallen Rückbau- und Entsorgungskosten an. Moderne PV-Module können zu etwa 95 % recycelt werden. Die Kosten für fachgerechten Rückbau und Entsorgung sollten bei der Bewertung berücksichtigt werden, besonders bei kürzerer Restlaufzeit.

Klären Sie vertraglich, ob Betreiber oder Grundstückseigentümer für Rückbau und Entsorgung verantwortlich ist.

Besonderheiten bei landwirtschaftlichen Flächen

Viele landwirtschaftliche Betriebe verpachten Flächen oder Scheunendächer für Solaranlagen. Bei der Hofnachfolge kann ein Verkehrswertgutachten erforderlich werden, um den Wert zum Übergabezeitpunkt zu dokumentieren.

Bei PV-Anlagen im landwirtschaftlichen Bereich muss geklärt werden, ob sie zum Betriebsvermögen gehören (Gewerbesteuer) oder privat betrieben werden (Einkommensteuer).

Zusammenfassend: Professionelle Bewertung für Rechtssicherheit

Die Bewertung von Photovoltaikanlagen erfordert spezialisiertes Fachwissen, das über klassische Immobilienbewertungen hinausgeht. Ein qualifiziertes Gutachten berücksichtigt nicht nur die aktuellen Erträge, sondern auch technische, rechtliche und steuerliche Aspekte.

Für gerichtsfeste oder steuerrelevante Bewertungen sollten Sie auf die Expertise öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zurückgreifen. SCHIFFER Immobiliensachverständige verfügt über spezialisierte Gutachter und erstellt bundesweit rechtssichere Verkehrswertgutachten für Photovoltaikanlagen.

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