Ertragswertverfahren bei Immobilien inklusive Beispiel für 2024

Das Wichtigste Zuerst:

  • Vielseitige Anwendung: Das Ertragswertverfahren ist eine Schlüsselmethode zur Bewertung von vermieteten Immobilien und Unternehmen, basierend auf der Analyse und Diskontierung zukünftiger Einnahmen, um den aktuellen Wert zu ermitteln.
  • Kritische Faktoren: Zukunftsorientierung, Bewirtschaftungskosten und Kapitalisierungszinssatz sind entscheidende, jedoch herausfordernde Elemente des Verfahrens, die eine realistische Einschätzung und Marktkompetenz erfordern.
  • Unternehmens- und Immobilienbewertung: Trotz seiner breiten Anwendbarkeit und Vorteile, wie der praxisnahen und marktorientierten Bewertung, birgt das Ertragswertverfahren auch Nachteile wie Abhängigkeit vom Liegenschaftszins und mögliche Unterschätzung bei steigenden Mieten.
In diesem Artikel:

Das Ertragswertverfahren zählt zu den zentralen Bewertungsmethoden in der Finanz- und Immobilienwelt, das sowohl für die Bewertung von Immobilien als auch von Unternehmen breite Anwendung findet. Dieser Artikel widmet sich einer umfassenden Einführung in das Ertragswertverfahren, beleuchtet dessen Grundlagen, Anwendungsbereiche sowie Berechnungsmethoden und betrachtet kritisch seine Effizienz und Genauigkeit. Ziel ist es, ein tiefes Verständnis für das Verfahren zu schaffen und dessen Relevanz für moderne Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen herauszustellen.

Was ist das Ertragswertverfahren? Grundlagen und Anwendungsbereiche

Das Ertragswertverfahren wird eingesetzt, um den Wert von Immobilien oder Unternehmen zu ermitteln, die Erträge generieren. Es handelt sich dabei um einen Ansatz, der die zukünftigen Einnahmen analysiert und diskontiert, um den aktuellen Wert zu bestimmen. Diese Methode ist besonders wichtig für die Bewertung von vermieteten Immobilien und Unternehmen, da sie einen Einblick in die potenzielle Rentabilität und Leistungsfähigkeit gibt.

Ertragswertverfahren im Immobilienbereich: Eine kritische Betrachtung

Das Ertragswertverfahren im Immobilienbereich ist ein wesentliches Instrument zur Bewertung von vermieteten oder verpachteten Objekten. Trotz seiner weiten Verbreitung und Anerkennung birgt das Verfahren bestimmte Herausforderungen und Limitationen, die bei der Anwendung berücksichtigt werden müssen. Im Folgenden werden die wichtigsten Merkmale des Ertragswertverfahrens im Immobilienbereich kritisch betrachtet:

  1. Zukunftsorientierung: Das Verfahren basiert auf der Prognose zukünftiger Erträge, was eine fundierte Marktkenntnis und eine realistische Einschätzung zukünftiger Entwicklungen erfordert. Diese Zukunftsorientierung birgt Unsicherheiten, da Marktbedingungen und externe Faktoren, wie z.B. wirtschaftliche Schwankungen, die tatsächlichen Erträge erheblich beeinflussen können.
  1. Bewirtschaftungskosten: Ein zentraler Aspekt bei der Berechnung des Ertragswertes sind die Bewirtschaftungskosten, die von den Bruttoeinnahmen abgezogen werden. Die genaue Ermittlung dieser Kosten ist entscheidend, da sie den Nettoertrag und somit direkt den Ertragswert beeinflussen. Eine Unterschätzung oder Überschätzung kann zu signifikanten Abweichungen im Ergebnis führen.
  1. Kapitalisierungszinssatz: Die Wahl des Kapitalisierungszinssatzes ist ein weiterer kritischer Punkt, da er die Diskontierung der zukünftigen Erträge bestimmt. Der Zinssatz reflektiert das Risiko der Investition und marktspezifische Bedingungen. Eine unangemessene Festlegung des Zinssatzes kann die Bewertung verzerren.
  1. Marktbedingungen und Standortfaktoren: Die Ertragskraft einer Immobilie wird stark von lokalen Marktbedingungen und Standortfaktoren beeinflusst. Das Ertragswertverfahren muss daher in der Lage sein, diese Aspekte adäquat zu berücksichtigen. Dies erfordert detaillierte Marktanalysen und die Einbeziehung lokal spezifischer Daten.
  1. Langfristige Vertragsbeziehungen: Miet- und Pachtverträge haben oft langfristigen Charakter, was zu einer Stabilisierung der Einnahmen führt. Das Ertragswertverfahren muss diese Stabilität gegenüber kurzfristigen Marktschwankungen abwägen können.
  1. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Die Anwendung des Ertragswertverfahrens erfordert Flexibilität in Bezug auf die Anpassung an unterschiedliche Immobilientypen und -nutzungen. Eine starre Anwendung des Verfahrens kann zu verzerrten Bewertungsergebnissen führen.
  1. Subjektivität bei der Dateninterpretation: Trotz der formalisierten Berechnungsweise können subjektive Einschätzungen bei der Prognose der Erträge und der Festlegung der Bewirtschaftungskosten eine Rolle spielen. Die Objektivität der Bewertung hängt somit auch von der Erfahrung und der Marktkenntnis des Bewerters ab.

Anwendung des Ertragswertverfahrens in der Unternehmensbewertung

Das Ertragswertverfahren in der Unternehmensbewertung bietet einen wertvollen Ansatz, um den Wert eines Unternehmens aus der Perspektive seiner zukünftigen Ertragskraft zu betrachten. Diese Methode wird insbesondere herangezogen, um den gegenwärtigen Wert zukünftiger Gewinne zu bestimmen, die das Unternehmen für seine Eigentümer generieren kann. Die Anwendung dieses Verfahrens in der Unternehmensbewertung weist jedoch spezifische Merkmale auf, die eine kritische Betrachtung erfordern:

  1. Zukünftige Ertragsprognosen: Kern des Ertragswertverfahrens sind die Prognosen zukünftiger Erträge. Die Qualität der Bewertung hängt maßgeblich von der Genauigkeit dieser Prognosen ab. Zukünftige Erträge zu prognostizieren erfordert eine tiefgehende Analyse der Unternehmenshistorie, des Marktes, der Branche und der allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen.
  1. Kapitalisierungszinssatz: Die Wahl des Kapitalisierungszinssatzes ist entscheidend für die Unternehmensbewertung. Er spiegelt das Risiko der Investition wider und beeinflusst direkt den ermittelten Ertragswert. Eine Anpassung des Zinssatzes an das spezifische Risikoprofil des Unternehmens ist erforderlich.
  1. Nachhaltigkeit der Erträge: Bei der Bewertung wird besonderes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit der Erträge gelegt. Nicht wiederkehrende Erträge oder außerordentliche Aufwendungen müssen bei der Berechnung des zukünftig nachhaltigen Ertrags angemessen berücksichtigt werden.
  1. Unternehmensspezifische Faktoren: Das Ertragswertverfahren muss in der Lage sein, unternehmensspezifische Faktoren wie Wettbewerbsvorteile, Kundenstamm, Marktpositionierung und Managementqualität zu berücksichtigen, da diese Faktoren einen erheblichen Einfluss auf die zukünftige Ertragskraft haben.
  1. Veränderlichkeit des Geschäftsumfelds: Unternehmen agieren in einem dynamischen Umfeld, das durch technologische Entwicklungen, Markttrends und regulatorische Änderungen geprägt ist. Das Ertragswertverfahren muss flexibel genug sein, um diese Veränderlichkeiten und deren potenziellen Einfluss auf die zukünftigen Erträge einzubeziehen.
  1. Detailliertheit und Komplexität: Die Anwendung des Ertragswertverfahrens kann aufgrund der Notwendigkeit detaillierter Prognosen und der Berücksichtigung zahlreicher variabler Faktoren komplex sein. Eine umfassende und präzise Datensammlung und -analyse ist erforderlich.
  1. Subjektivität: Trotz seiner theoretischen Fundierung lässt das Ertragswertverfahren Raum für subjektive Einschätzungen, insbesondere bei der Festlegung des Kapitalisierungszinssatzes und der Prognose zukünftiger Erträge. Die Erfahrung und das Urteilsvermögen des Bewerters spielen eine entscheidende Rolle.

Für welche Immobilien wird ein Ertragswertgutachten erstellt?

Eine umfassende Betrachtung der verschiedenen Arten von Immobilien, für die ein Ertragswertgutachten erstellt wird, umfasst:

  • Wohnimmobilien: Dazu gehören Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Wohnanlagen. Diese werden häufig für die Bewertung von Mieteinnahmen, Eigentumsverkäufen oder Hypotheken verwendet.
  • Gewerbeimmobilien: Hierzu zählen Bürogebäude, Einzelhandelsflächen, Industriegebäude und Lagerhallen. Gewerbeimmobilien werden oft aufgrund ihrer Ertragsfähigkeit bewertet und dienen als Grundlage für Mietverträge und Investitionsentscheidungen.
  • Gemischt genutzte Objekte: Diese umfassen Immobilien, die sowohl für Wohn- als auch für gewerbliche Zwecke genutzt werden, wie beispielsweise Gebäude mit Wohnungen im oberen Stockwerk und Einzelhandelsgeschäften im Erdgeschoss.
  • Spezialisierte Immobilien: Hierzu gehören Immobilien wie Hotels, Einkaufszentren, Freizeiteinrichtungen, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen und Industrieanlagen. Diese Immobilien haben oft spezifische Betriebsmodelle und Einnahmequellen, die bei der Bewertung berücksichtigt werden müssen.
  • Landwirtschaftliche Immobilien: Dazu gehören landwirtschaftliche Flächen, Höfe und Weingüter. Die Bewertung landwirtschaftlicher Immobilien kann komplex sein und erfordert oft eine Analyse von Bodenqualität, Ernteerträgen und anderen landwirtschaftlichen Faktoren.
  • Sonstige Immobilien: Hierunter fallen unter anderem öffentliche Gebäude, Denkmäler, Parkplätze und unbebaute Grundstücke. Diese Immobilien können je nach ihrer Nutzung und Lage unterschiedliche Ertragspotenziale aufweisen und erfordern eine individuelle Bewertungsanalyse.

Die Erstellung eines Ertragswertgutachtens für diese verschiedenen Arten von Immobilien dient dazu, ihren Marktwert zu bestimmen, Investitionsentscheidungen zu unterstützen und Transaktionen zu erleichtern.

Verschiedene Arten des Ertragswertverfahrens

Hier ist eine umfassende Betrachtung der verschiedenen Arten von Ertragswertverfahren:

1. Vereinfachtes Ertragswertverfahren:

  1. Schnelle und effiziente Bewertung, insbesondere für steuerliche Zwecke wie Erbschafts- oder Schenkungssteuerfälle.
  2. Basierend auf den Betriebsergebnissen der letzten Jahre, korrigiert um bestimmte steuerliche Posten.
  3. Weniger umfassend als andere Verfahren und daher anfälliger für Unterbewertungen oder Verzerrungen.

2. Periodisches Ertragswertverfahren:

  1. Detaillierte Analyse der zukünftigen Cashflows und Risiken des Unternehmens oder der Immobilie.
  2. Häufig verwendet bei komplexen Transaktionen wie Fusionen und Übernahmen, bei Investitionsentscheidungen oder bei gerichtlichen Auseinandersetzungen.
  3. Bietet eine genauere Bewertung, da es eine eingehendere Analyse erlaubt.

3. Gewöhnliches Ertragswertverfahren:

  1. Berücksichtigt die laufenden Mieteinnahmen und Ausgaben sowie den Kapitalwert der Immobilie.
  2. Geeignet für Immobilien, die regelmäßige Mieteinnahmen generieren, wie Wohn- und Gewerbeimmobilien.
  3. Verwendet eine standardisierte Formel zur Berechnung des Ertragswerts basierend auf aktuellen und erwarteten Mieteinnahmen.

4. Kapitalisierungszinssatzverfahren:

  1. Berechnet den Ertragswert einer Immobilie oder eines Unternehmens basierend auf einem festen Kapitalisierungszinssatz.
  2. Einfachere Methode, die oft für Immobilien mit stabilen Cashflows verwendet wird.
  3. Kann eine schnelle Schätzung des Werts bieten, ist jedoch weniger genau als andere Verfahren.

5. Dynamisches Ertragswertverfahren:

  1. Berücksichtigt die Entwicklung der Cashflows über einen bestimmten Prognosezeitraum und diskontiert diese auf ihren Barwert.
  2. Geeignet für Unternehmen oder Immobilien mit sich ändernden Cashflows im Laufe der Zeit.
  3. Ermöglicht eine flexiblere Bewertung, die die Dynamik des Geschäftsmodells oder der Marktbedingungen berücksichtigt.
  4. Diese verschiedenen Arten von Ertragswertverfahren bieten jeweils spezifische Vor- und Nachteile und werden je nach den Anforderungen und Rahmenbedingungen einer Bewertung eingesetzt.

Berechnungsmethode des Ertragswertverfahrens

Die Berechnung des Ertragswertes ist ein zentraler Aspekt der Bewertung von Immobilien und Unternehmen, der die zukünftigen Ertragsaussichten in den Mittelpunkt stellt. Dieses Verfahren ermöglicht es, den gegenwärtigen Wert eines Objekts oder Geschäfts auf Basis seiner zu erwartenden zukünftigen Nettoeinnahmen zu ermitteln. Die Berechnung folgt dabei einem strukturierten Prozess, der verschiedene Faktoren berücksichtigt, um eine möglichst genaue Schätzung des Wertes zu gewährleisten.

Schritt-für-Schritt: Ertragswertverfahren Berechnung

  1. Ermittlung des Bodenwerts: Der Bodenwert wird als Ausgangspunkt der Berechnung verwendet und basiert auf dem Bodenrichtwert pro Quadratmeter multipliziert mit der Grundstücksfläche.
  1. Festlegung des Liegenschaftszinssatzes: Der Liegenschaftszinssatz gibt an, welche Rendite Immobilienvermögen marktüblich erzielen. Er wird für die Verzinsung des Bodenwerts verwendet.
  1. Bestimmung der Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten: Der Rohertrag (Jahresmiete) wird ermittelt und um Bewirtschaftungskosten reduziert, um den Reinertrag zu erhalten.
  1. Anwendung des Vervielfältigers: Der Vervielfältiger, der sich aus der Restnutzungsdauer des Gebäudes und dem Liegenschaftszinssatz berechnet, wird angewendet, um den Gebäudeertragswert zu ermitteln.
  1. Berechnung des Ertragswerts: Der Ertragswert ergibt sich aus der Summe von Bodenwert und Gebäudeertragswert.

Bewirtschaftungskosten im Ertragswertverfahren berücksichtigen

Bewirtschaftungskosten sind alle Kosten, die für die Verwaltung, den Betrieb und die Instandhaltung der Immobilie anfallen. Sie werden vom Rohertrag (den gesamten Mieteinnahmen) abgezogen, um den Reinertrag zu bestimmen, der für die Berechnung des Ertragswerts relevant ist.

Die Grundsteuer als regelmäßige finanzielle Belastung für Immobilieneigentümer beeinflusst ebenfalls den Ertragswert. Sie zählt zu den Bewirtschaftungskosten und muss bei der Berechnung des Reinertrags berücksichtigt werden.

Beispielrechnung Ertragswertverfahren einer Immobilie

Nehmen wir an, eine Immobilie hat einen Bodenrichtwert von 300.000 Euro und generiert eine jährliche Miete von 20.000 Euro. Bei Bewirtschaftungskosten von 4.000 Euro pro Jahr, einem Liegenschaftszinssatz von 5% und einem Vervielfältiger, der auf einer Restnutzungsdauer von 40 Jahren basiert (angenommener Vervielfältiger von 17,16), würde die Berechnung wie folgt aussehen:

  • Bodenwert: 300.000 Euro
  • Rohertrag (Jahresmiete): 20.000 Euro
  • Bewirtschaftungskosten: -4.000 Euro
  • Reinertrag: 16.000 Euro
  • Gebäudeertragswert (Reinertrag x Vervielfältiger): 
  • 16.000 Euro x 17,16 = 274.560 Euro
  • Ertragswert (Bodenwert + Gebäudeertragswert):  
  • 300.000 Euro + 274.560 Euro = 574.560 Euro

Vereinfachtes Ertragswertverfahren – Effizienz und Genauigkeit

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist eine Methode zur Bewertung von Unternehmen, die vor allem für steuerliche Zwecke genutzt wird. Es ermöglicht eine zügige und unkomplizierte Bewertung, insbesondere bei nicht börsennotierten Unternehmen oder Unternehmensanteilen gemäß den §§ 199 und 200 des Bewertungsgesetzes. Dabei liegt der Fokus auf dem zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrag als Grundlage für die Bewertung.

  • Die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens erfolgt vor allem in Situationen, die eine schnelle und effiziente Bewertung erfordern, wie etwa bei Erbschafts- oder Schenkungssteuerfällen.
  • Das Verfahren basiert auf den Betriebsergebnissen der letzten drei Jahre und korrigiert diese um bestimmte steuerliche Posten.
  • Besondere Regelungen gelten für junge Unternehmen oder solche mit signifikanten Veränderungen.

Dieses Verfahren bietet eine Reihe von Vorteilen, darunter:

  • Einfache und schnelle Anwendbarkeit.
  • Besonders geeignet für die Anwendung in der Finanzverwaltung.

Jedoch birgt es auch Nachteile:

  • Potenzielle Unterbewertung der Ertragsperspektiven eines Unternehmens.
  • Mögliche Verzerrungen bei Unternehmen mit Ergebniseinbrüchen oder starken Wachstumserwartungen.

Der Vervielfältiger im vereinfachten Ertragswertverfahren

Ein zentrales Element des vereinfachten Ertragswertverfahrens ist der Kapitalisierungsfaktor, der für Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2015 auf 13,75 festgelegt wurde. Dies entspricht einem Kapitalisierungszins von ca. 7,27%. Der Kapitalisierungsfaktor wird auf den durchschnittlichen Jahresertrag angewandt, der aus den Betriebsergebnissen der letzten drei Geschäftsjahre ermittelt wird. 

Ein Beispiel: Ein durchschnittlicher Jahresertrag von EUR 150.000 multipliziert mit 13,75 ergibt einen vereinfacht ermittelten Ertragswert von EUR 2.062.500​​.

Unterschiede zwischen Ertragswertverfahren und anderen Methoden

Im Rahmen der Bewertung von Immobilien und Unternehmen kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz, die sich in ihrer Methodik und ihren Anwendungsbereichen unterscheiden. Das Ertragswertverfahren ist eine dieser Methoden, doch um seine Positionierung und seinen Nutzen vollständig zu verstehen, ist es hilfreich, es mit anderen gängigen Bewertungsmethoden zu vergleichen. Im Folgenden werden drei zentrale Verfahren neben dem Ertragswertverfahren vorgestellt und ihre Vor- und Nachteile beleuchtet.

Verfahren 1: Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren wird vor allem in der Immobilienbewertung verwendet. Es ermittelt den Wert einer Immobilie anhand der Summe der Werte ihrer einzelnen Bestandteile: Grundstückswert plus Bauwert (Herstellungskosten der Gebäude inklusive Nebenkosten) abzüglich altersbedingter Wertminderungen.

Vorteile:

  • Gut geeignet für nicht vermietete Objekte, bei denen keine Erträge generiert werden.
  • Berücksichtigt den physischen Zustand der Immobilie und des Grundstücks.

Nachteile:

  • Berücksichtigt nicht das Ertragspotenzial der Immobilie.
  • Kann zu Abweichungen führen, wenn der Marktwert stark von den Herstellungskosten abweicht.

Verfahren 2: Vergleichswertverfahren

Das Vergleichswertverfahren wird angewandt, um den Wert einer Immobilie durch den Vergleich mit kürzlich verkauften, ähnlichen Objekten in ähnlicher Lage zu ermitteln.

Vorteile:

  • Einfach anzuwenden und verständlich.
  • Bietet eine realitätsnahe Bewertung, basierend auf aktuellen Marktdaten.

Nachteile:

  • Geeignete Vergleichsobjekte sind nicht immer verfügbar.
  • Subjektive Einschätzungen können die Bewertung beeinflussen.

Verfahren 3: Discounted Cash Flow (DCF)-Verfahren

Das DCF-Verfahren ist eine Methode der Unternehmensbewertung, die zukünftige freie Cashflows prognostiziert und diese auf den heutigen Zeitpunkt abzinst, um den Unternehmenswert zu ermitteln.

Vorteile:

  • Berücksichtigt explizit die zukünftige Ertragskraft und den Zeitwert des Geldes.
  • Flexibel anwendbar auf verschiedene Unternehmensmodelle und -strukturen.

Nachteile:

  • Erfordert umfangreiche und detaillierte Finanzprognosen.
  • Anfällig für Fehleinschätzungen bei der Wahl des Diskontierungszinssatzes.

Die Wahl des geeigneten Bewertungsverfahrens hängt stark vom Bewertungsobjekt, dem Zweck der Bewertung und der Verfügbarkeit von Daten ab. Während das Ertragswertverfahren besonders geeignet ist, um den Wert von Investitionen auf der Basis ihrer Ertragskraft zu bewerten, bieten das Sachwert- und das Vergleichswertverfahren Alternativen für Situationen, in denen physische Werte oder Marktpreise im Vordergrund stehen. Jedes dieser Verfahren hat seine spezifischen Stärken und Schwächen, die bei der Auswahl der Bewertungsmethode berücksichtigt werden müssen.

Vorteile des Ertragswertverfahrens

  • Praxisnah und realitätsbezogen: Das Verfahren basiert auf realen Zahlen der Vermietung oder Verpachtung, was es besonders praxisnah macht​​​​.
  • Ermittlung konkreter Wertebereiche: Selbst bei fehlenden exakten Daten ermöglicht das Ertragswertverfahren, den Bereich zu bestimmen, in dem der finale Ertragswert liegen könnte​​.
  • Geeignet für vermietete Immobilien und Gewerbeimmobilien: Es bietet sich besonders für die Bewertung dieser Immobilienarten an, da es die zukünftig zu erwartenden Einnahmen berücksichtigt​​.
  • Marktnahe Immobilienwerte: Das Verfahren erlaubt die Ermittlung eindeutiger und marktnaher Immobilienwerte und ist eine etablierte, gesetzlich geregelte Bewertungsmethode mit hoher Praxisrelevanz​​.

Nachteile des Ertragswertverfahrens

  • Abhängigkeit vom Liegenschaftszins: Der ermittelte Ertragswert hängt stark vom Liegenschaftszins ab, für dessen Berechnung nicht immer ausreichend Daten verfügbar sind​​.
  • Mögliche Unterschätzung bei steigenden Mieten: In Zeiten stark steigender Mieten kann der tatsächliche Ertragswert höher als der errechnete liegen, da der Rohertrag die Vergangenheit abbildet​​.
  • Keine Berücksichtigung zukünftig steigender Mieten: Das Verfahren findet für zukünftig stark steigende Mieten keine Berücksichtigung, was zu einer potenziellen Unterbewertung führen kann​​.
  • Komplexe Trennung zwischen Grund und Boden: Eine in der Praxis oft schwierig zu vollziehende Trennung zwischen Grund und Boden ist vorgesehen, was die Berechnung komplizieren kann​​
Ihr Ansprechpartner
André Schiffer

Zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung (DIAZert) DIN EN ISO/IEC 17024

Diplom-Sachverständiger (DIA)
für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, für Mieten und Pachten

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