Kaufpreisaufteilung: Gebäude- & Grundstücksanteil richtig berechnen

Wer eine vermietete Immobilie erwirbt, zahlt einen Gesamtpreis für Grundstück und Gebäude – doch steuerlich macht dieser kleine Unterschied einen enormen finanziellen Unterschied. Während der Bodenwert steuerlich "unsichtbar" bleibt, können Sie den Gebäudeanteil Jahr für Jahr über die Abschreibung geltend machen. Eine präzise Kaufpreisaufteilung gemäß § 7 Abs. 4 bis 5a EStG kann Ihnen über die gesamte Haltedauer Zehntausende Euro an Steuern ersparen.

Doch Vorsicht: Das Finanzamt prüft genau – und nutzt dabei oft die standardisierte BMF-Arbeitshilfe, die Ihre individuellen Immobilienmerkmale ignoriert. Erfahren Sie in diesem Ratgeber, wie Sie mit einer sachverständigen Kaufpreisaufteilung das Maximum aus Ihrer Investition herausholen und welche rechtlichen Fallstricke Sie dabei vermeiden sollten.

In diesem Artikel:

Was ist eine Kaufpreisaufteilung?

Beim Erwerb einer bebauten Immobilie wird üblicherweise ein Gesamtkaufpreis vereinbart, der sowohl das Grundstück als auch das darauf befindliche Gebäude umfasst. Für steuerliche Zwecke muss dieser Gesamtbetrag jedoch aufgeteilt werden. Die Kaufpreisaufteilung gemäß § 7 Abs. 4 bis 5a Einkommensteuergesetz (EStG) bezeichnet den Prozess, bei dem der gezahlte Kaufpreis auf die beiden Wirtschaftsgüter verteilt wird:

  1. Grund und Boden (nicht abnutzbar, keine Abschreibung möglich)
  2. Gebäude (abnutzbar, steuerlich absetzbar über die AfA)

Diese Unterscheidung ist relevant, da Grundstücke als nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter gelten, während Gebäude einer Wertminderung unterliegen und daher über die Absetzung für Abnutzung (AfA) steuerlich geltend gemacht werden können.

Die Kaufpreisaufteilung gilt nur für Immobilien, die zur Einkünfteerzielung genutzt werden, beispielsweise bei Vermietung oder gewerblicher Nutzung.

Warum ist die Kaufpreisaufteilung steuerlich wichtig?

Die korrekte Aufteilung des Kaufpreises hat unmittelbare Auswirkungen auf Ihre steuerliche Belastung. Je höher der Gebäudeanteil ausfällt, desto größer ist die Bemessungsgrundlage für die jährliche Abschreibung. Dies führt zu einer höheren steuerlichen Entlastung über die gesamte Nutzungsdauer der Immobilie.

Steuerliche Vorteile im Überblick

Die Höhe der Abschreibung hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Anschaffung und der Art des Gebäudes ab:

Wohngebäude – Lineare Abschreibung:

  • Bestandsimmobilien (Bauantrag nach dem 31.12.1924): 2 Prozent jährlich über 50 Jahre (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG)
  • Altbauten (Fertigstellung vor dem 01.01.1925): 2,5 Prozent jährlich über 40 Jahre (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG)

Wohngebäude – Degressive Abschreibung (Neubauten):

  • Neue Wohngebäude mit Baubeginn oder Anschaffung zwischen dem 01.10.2023 und 30.09.2029: 5 Prozent jährlich auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 5a EStG)
  • Diese attraktive degressive AfA im Rahmen des Wachstumschancengesetzes ermöglicht in den ersten Jahren deutlich höhere Abschreibungen und damit eine schnellere Steuerentlastung

Gewerbliche Nicht-Wohngebäude:

  • Bei Bauantrag nach dem 31.03.1985: 3 Prozent jährlich über 33 Jahre (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG)

Optimierte Steuerlast: Ein präzise ermittelter Gebäudeanteil maximiert Ihre Abschreibungsmöglichkeiten und senkt die jährliche Einkommensteuerlast erheblich – insbesondere bei Neubauten mit der 5-prozentigen degressiven AfA.

Eine fachgerecht durchgeführte Kaufpreisaufteilung durch einen zertifizierten Sachverständigen bietet rechtssichere Argumente gegenüber dem Finanzamt und vermeidet spätere Nachforderungen.

Methoden zur Ermittlung der Kaufpreisaufteilung

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Gesamtkaufpreis nicht nach der veralteten Restwertmethode aufzuteilen, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte. Dabei kommen verschiedene Bewertungsverfahren gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) zur Anwendung:

1. Vergleichswertverfahren

Das Vergleichswertverfahren orientiert sich an tatsächlich erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Immobilien in derselben Lage. Es eignet sich besonders für:

  • Eigentumswohnungen
  • Einfamilienhäuser in homogenen Wohngebieten
  • Grundstücke mit ausreichenden Vergleichswerten

2. Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist die bevorzugte Methode bei vermieteten Objekten. Es ermittelt den Wert auf Basis der erzielbaren Mieteinnahmen und berücksichtigt:

  • Jahresrohertrag der Immobilie
  • Bewirtschaftungskosten
  • Liegenschaftszinssatz
  • Restnutzungsdauer des Gebäudes
  • Bodenwert gemäß Bodenrichtwert

3. Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren kommt bei Immobilien zum Einsatz, für die keine Vergleichswerte oder Ertragsdaten vorliegen. Es findet Anwendung bei:

  • Selbstgenutzten Einfamilienhäusern
  • Speziellen Gewerbeimmobilien
  • Kommunalen Gebäuden

Berechnung der Kaufpreisaufteilung: Praxisbeispiel

Um die Funktionsweise einer Kaufpreisaufteilung zu verdeutlichen, betrachten wir ein realistisches Berechnungsbeispiel nach dem Ertragswertverfahren.

Ausgangsdaten

Angenommen, Sie erwerben ein Mehrfamilienhaus mit folgenden Eckdaten:

  • Gesamtkaufpreis: 850.000 Euro
  • Grundstücksfläche: 600 m²
  • Bodenrichtwert: 450 Euro/m²
  • Jahresrohertrag: 48.000 Euro
  • Bewirtschaftungskosten: 12.000 Euro
  • Liegenschaftszinssatz: 3,5 Prozent
  • Restnutzungsdauer: 40 Jahre

Schritt 1: Bodenwert ermitteln

Der Bodenwert ergibt sich aus der Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem aktuellen Bodenrichtwert:

600 m² × 450 Euro/m² = 270.000 Euro

Der Bodenrichtwert wird alle zwei Jahre vom örtlichen Gutachterausschuss festgelegt und ist für die Kaufpreisaufteilung maßgeblich. Entscheidend ist der Wert zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

Schritt 2: Reinertrag des Gebäudes berechnen

Vom Jahresrohertrag werden zunächst die Bewirtschaftungskosten abgezogen, anschließend die Bodenwertverzinsung:

48.000 Euro – 12.000 Euro = 36.000 Euro (Reinertrag)

270.000 Euro × 0,035 = 9.450 Euro (Bodenwertverzinsung)

36.000 Euro – 9.450 Euro = 26.550 Euro (Gebäudereinertrag)

Schritt 3: Gebäudeertragswert ermitteln

Für die Kapitalisierung des Gebäudereinertrags wird der Vervielfältiger benötigt. Dieser ergibt sich aus der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszinssatz. Laut BMF-Tabelle beträgt der Vervielfältiger bei 40 Jahren und 3,5 Prozent: 23,11.

26.550 Euro × 23,11 = 613.571 Euro (Gebäudeertragswert)

Schritt 4: Gesamtwert und prozentuale Aufteilung

Gesamtwert = Bodenwert + Gebäudeertragswert

270.000 Euro + 613.571 Euro = 883.571 Euro

Prozentuale Anteile:

  • Bodenwert: 270.000 / 883.571 = 30,6 Prozent
  • Gebäudewert: 613.571 / 883.571 = 69,4 Prozent

Schritt 5: Übertragung auf den Kaufpreis

Die ermittelten Prozentsätze werden nun auf den tatsächlichen Kaufpreis angewendet:

Bodenwert: 850.000 Euro × 0,306 = 260.100 Euro

Gebäudewert: 850.000 Euro × 0,694 = 589.900 Euro

Ergebnis

Von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von 850.000 Euro können 589.900 Euro als abschreibungsfähige Gebäudekosten steuerlich geltend gemacht werden. Bei einem Abschreibungssatz von 2 Prozent ergibt sich eine jährliche AfA von 11.798 Euro.

Die BMF-Arbeitshilfe 2025 im Detail

Das Bundesfinanzministerium hat im Januar 2025 eine aktualisierte Version seiner Excel-basierten Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung veröffentlicht. Dieses standardisierte Verfahren kommt zur Anwendung, wenn im Kaufvertrag keine Aufteilung vorgenommen wurde oder die vereinbarte Aufteilung vom Finanzamt angezweifelt wird.

Funktionsweise der Arbeitshilfe

Die BMF-Arbeitshilfe ist eine typisierte Schätzungshilfe, die sich methodisch primär an Elementen des Sachwertverfahrens orientiert. Sie berechnet die Immobilienwerte nach einem starren Schema mit pauschalierten Herstellungskosten und Baupreisindizes, was die individuellen Markt- und Zustandsverhältnisse Ihrer Immobilie nicht ausreichend berücksichtigt.

Das Tool ermittelt den Gebäudewert auf Basis standardisierter Parameter und setzt diesen ins Verhältnis zum Bodenwert. Dabei werden folgende Daten abgefragt:

  • Grundstücksgröße und Bodenrichtwert
  • Gebäudeart und Baujahr
  • Wohn- oder Nutzfläche
  • Mieteinnahmen (ergänzend zur Plausibilisierung)
  • Typisierte Baukosten und Baupreisindex

Grenzen der standardisierten Berechnung

Die BMF-Arbeitshilfe arbeitet mit Pauschalisierungen und kann individuelle Besonderheiten nicht berücksichtigen:

  • Besondere Ausstattungsmerkmale
  • Modernisierungen und Sanierungen
  • Denkmalschutzauflagen
  • Besondere Marktlagen
  • Spezielle Nutzungskonzepte

Hinweis: Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass Finanzgerichte bei Zweifeln an der Kaufpreisaufteilung ein Sachverständigengutachten einholen müssen und nicht einfach die BMF-Arbeitshilfe anwenden dürfen (BFH-Urteil vom 21. Juli 2020, IX R 26/19).

Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag festhalten

Die sicherste Methode zur Vermeidung späterer Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt ist die Festschreibung der Kaufpreisaufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag. Das Finanzamt ist grundsätzlich an die vertragliche Vereinbarung gebunden, sofern diese plausibel und wirtschaftlich nachvollziehbar ist.

Diese Bindungswirkung wurde durch mehrere wegweisende Urteile des Bundesfinanzhofs gestärkt:

BFH-Urteil vom 16. September 2015 (IX R 12/14): Das Finanzamt muss eine im notariellen Kaufvertrag festgehaltene Kaufpreisaufteilung grundsätzlich akzeptieren, es sei denn, es bestehen nennenswerte Zweifel an deren Richtigkeit – etwa bei einem Scheingeschäft oder einem krassen Missverhältnis zu den tatsächlichen Wertverhältnissen.

BFH-Urteil vom 21. Juli 2020 (IX R 26/19): Das Finanzgericht darf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung, die die realen Wertverhältnisse grundsätzlich verfehlt, nicht einfach durch die BMF-Arbeitshilfe ersetzen. Stattdessen ist in der Regel ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Voraussetzungen für die Anerkennung

Damit das Finanzamt eine vertragliche Kaufpreisaufteilung akzeptiert, muss diese folgende Kriterien erfüllen:

  1. Fremdüblichkeit: Die Aufteilung muss einem Geschäft unter fremden Dritten entsprechen.
  2. Plausibilität: Die Werte dürfen die realen Verhältnisse nicht grundsätzlich verfehlen.
  3. Nachvollziehbarkeit: Die Berechnung sollte dokumentiert und begründet sein.

Toleranzgrenzen der Finanzgerichte

Die Rechtsprechung zeigt unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich akzeptabler Abweichungen vom Bodenrichtwert:

  • FG München: Abweichungen unter 10 Prozent sind unbedenklich
  • FG Berlin-Brandenburg: Ab 20 Prozent Abweichung wird die Aufteilung kritisch gesehen
  • FG Düsseldorf: Eine Abweichung von 30 Prozent gilt als nicht mehr geringfügig

Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollte die Abweichung vom Bodenrichtwert nicht mehr als 10 Prozent betragen. Bei größeren Abweichungen ist eine sachverständige Begründung erforderlich.

Häufige Fehler bei der Kaufpreisaufteilung vermeiden

Fehler 1: Verwendung veralteter Bodenrichtwerte

Für die Kaufpreisaufteilung ist ausschließlich der Bodenrichtwert zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses maßgeblich. Die Verwendung älterer oder neuerer Werte führt zu einer fehlerhaften Berechnung.

Fehler 2: Unzureichende Dokumentation

Eine nachvollziehbare Dokumentation der Berechnungsgrundlagen ist essenziell. Fehlt diese, kann das Finanzamt die Aufteilung anzweifeln und eine eigene Berechnung vornehmen.

Fehler 3: Extreme Aufteilungen ohne Begründung

Kaufpreisaufteilungen, die deutlich von marktüblichen Verhältnissen abweichen, werden vom Finanzamt nicht akzeptiert. Eine sachverständige Begründung ist hier unerlässlich.

Fehler 4: Nichtberücksichtigung von Sondereinflüssen

Besondere wertmindernde oder wertsteigernde Faktoren (Altlasten, Denkmalschutz, besondere Lagemerkmale) müssen in die Berechnung einfließen.

Gutachterliche Kaufpreisaufteilung als optimale Lösung

Eine durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellte Kaufpreisaufteilung bietet mehrere entscheidende Vorteile:

Individuelle Bewertung

Im Gegensatz zur standardisierten BMF-Arbeitshilfe werden alle wertbeeinflussenden Faktoren der konkreten Immobilie berücksichtigt:

  • Zustand und Ausstattung des Gebäudes
  • Durchgeführte Modernisierungen
  • Besondere Lagemerkmale
  • Marktspezifische Gegebenheiten
  • Rechtliche Belastungen

Rechtssicherheit

Ein qualifiziertes Sachverständigengutachten zur Kaufpreisaufteilung wird vom Finanzamt anerkannt. Es bietet eine fundierte Argumentationsgrundlage, falls die Behörde die Aufteilung dennoch infrage stellt.

Optimierung der Steuerersparnis

Durch die detaillierte Analyse können oft höhere Gebäudewertenanteile nachgewiesen werden, als dies mit der pauschalen BMF-Arbeitshilfe möglich wäre. Dies führt zu einer größeren jährlichen Abschreibung und damit zu einer höheren Steuerersparnis über die gesamte Nutzungsdauer.

Auch wenn bereits eine Kaufpreisaufteilung durch das Finanzamt vorgenommen wurde, kann diese durch ein Sachverständigengutachten korrigiert werden. Dank § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Änderungen zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei bestandskräftigen Bescheiden möglich, wenn das Gutachten neue Erkenntnisse über die tatsächlichen Wertverhältnisse liefert.

Zusammenfassend: Kaufpreisaufteilung professionell durchführen lassen

Die Kaufpreisaufteilung ist ein komplexes Thema mit erheblichen steuerlichen Auswirkungen. Eine fachgerecht durchgeführte Aufteilung maximiert Ihre Abschreibungsmöglichkeiten und minimiert Ihre Steuerlast über die gesamte Haltedauer der Immobilie. Die standardisierte BMF-Arbeitshilfe bietet zwar eine einfache Lösung, berücksichtigt jedoch nicht die individuellen Besonderheiten Ihrer Immobilie.

Eine gutachterliche Kaufpreisaufteilung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bietet maximale Rechtssicherheit und optimale steuerliche Ergebnisse. SCHIFFER Immobiliensachverständige erstellt Ihnen eine fundierte, gerichtsfeste Kaufpreisaufteilung, die den strengen Anforderungen der Finanzverwaltung standhält.

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Sichern Sie sich die optimale Kaufpreisaufteilung für Ihre Immobilie. Unsere zertifizierten Sachverständigen analysieren Ihre Immobilie detailliert und erstellen eine rechtssichere Kaufpreisaufteilung, die vom Finanzamt anerkannt wird.

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