Was ist eine Kaufpreisaufteilung?
Beim Erwerb einer bebauten Immobilie wird üblicherweise ein Gesamtkaufpreis vereinbart, der sowohl das Grundstück als auch das darauf befindliche Gebäude umfasst. Für steuerliche Zwecke muss dieser Gesamtbetrag jedoch aufgeteilt werden. Die Kaufpreisaufteilung gemäß § 7 Abs. 4 bis 5a Einkommensteuergesetz (EStG) bezeichnet den Prozess, bei dem der gezahlte Kaufpreis auf die beiden Wirtschaftsgüter verteilt wird:
- Grund und Boden (nicht abnutzbar, keine Abschreibung möglich)
- Gebäude (abnutzbar, steuerlich absetzbar über die AfA)
Diese Unterscheidung ist relevant, da Grundstücke als nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter gelten, während Gebäude einer Wertminderung unterliegen und daher über die Absetzung für Abnutzung (AfA) steuerlich geltend gemacht werden können.
Die Kaufpreisaufteilung gilt nur für Immobilien, die zur Einkünfteerzielung genutzt werden, beispielsweise bei Vermietung oder gewerblicher Nutzung.
Warum ist die Kaufpreisaufteilung steuerlich wichtig?
Die korrekte Aufteilung des Kaufpreises hat unmittelbare Auswirkungen auf Ihre steuerliche Belastung. Je höher der Gebäudeanteil ausfällt, desto größer ist die Bemessungsgrundlage für die jährliche Abschreibung. Dies führt zu einer höheren steuerlichen Entlastung über die gesamte Nutzungsdauer der Immobilie.
Steuerliche Vorteile im Überblick
Die Höhe der Abschreibung hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Anschaffung und der Art des Gebäudes ab:
Wohngebäude – Lineare Abschreibung:
- Bestandsimmobilien (Bauantrag nach dem 31.12.1924): 2 Prozent jährlich über 50 Jahre (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG)
- Altbauten (Fertigstellung vor dem 01.01.1925): 2,5 Prozent jährlich über 40 Jahre (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG)
Wohngebäude – Degressive Abschreibung (Neubauten):
- Neue Wohngebäude mit Baubeginn oder Anschaffung zwischen dem 01.10.2023 und 30.09.2029: 5 Prozent jährlich auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 5a EStG)
- Diese attraktive degressive AfA im Rahmen des Wachstumschancengesetzes ermöglicht in den ersten Jahren deutlich höhere Abschreibungen und damit eine schnellere Steuerentlastung
Gewerbliche Nicht-Wohngebäude:
- Bei Bauantrag nach dem 31.03.1985: 3 Prozent jährlich über 33 Jahre (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG)
Optimierte Steuerlast: Ein präzise ermittelter Gebäudeanteil maximiert Ihre Abschreibungsmöglichkeiten und senkt die jährliche Einkommensteuerlast erheblich – insbesondere bei Neubauten mit der 5-prozentigen degressiven AfA.
Eine fachgerecht durchgeführte Kaufpreisaufteilung durch einen zertifizierten Sachverständigen bietet rechtssichere Argumente gegenüber dem Finanzamt und vermeidet spätere Nachforderungen.
Methoden zur Ermittlung der Kaufpreisaufteilung
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Gesamtkaufpreis nicht nach der veralteten Restwertmethode aufzuteilen, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte. Dabei kommen verschiedene Bewertungsverfahren gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) zur Anwendung:
1. Vergleichswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren orientiert sich an tatsächlich erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Immobilien in derselben Lage. Es eignet sich besonders für:
- Eigentumswohnungen
- Einfamilienhäuser in homogenen Wohngebieten
- Grundstücke mit ausreichenden Vergleichswerten
2. Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren ist die bevorzugte Methode bei vermieteten Objekten. Es ermittelt den Wert auf Basis der erzielbaren Mieteinnahmen und berücksichtigt:
- Jahresrohertrag der Immobilie
- Bewirtschaftungskosten
- Liegenschaftszinssatz
- Restnutzungsdauer des Gebäudes
- Bodenwert gemäß Bodenrichtwert
3. Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren kommt bei Immobilien zum Einsatz, für die keine Vergleichswerte oder Ertragsdaten vorliegen. Es findet Anwendung bei:
- Selbstgenutzten Einfamilienhäusern
- Speziellen Gewerbeimmobilien
- Kommunalen Gebäuden
Berechnung der Kaufpreisaufteilung: Praxisbeispiel
Um die Funktionsweise einer Kaufpreisaufteilung zu verdeutlichen, betrachten wir ein realistisches Berechnungsbeispiel nach dem Ertragswertverfahren.
Ausgangsdaten
Angenommen, Sie erwerben ein Mehrfamilienhaus mit folgenden Eckdaten:
- Gesamtkaufpreis: 850.000 Euro
- Grundstücksfläche: 600 m²
- Bodenrichtwert: 450 Euro/m²
- Jahresrohertrag: 48.000 Euro
- Bewirtschaftungskosten: 12.000 Euro
- Liegenschaftszinssatz: 3,5 Prozent
- Restnutzungsdauer: 40 Jahre
Schritt 1: Bodenwert ermitteln
Der Bodenwert ergibt sich aus der Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem aktuellen Bodenrichtwert:
600 m² × 450 Euro/m² = 270.000 Euro
Der Bodenrichtwert wird alle zwei Jahre vom örtlichen Gutachterausschuss festgelegt und ist für die Kaufpreisaufteilung maßgeblich. Entscheidend ist der Wert zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.
Schritt 2: Reinertrag des Gebäudes berechnen
Vom Jahresrohertrag werden zunächst die Bewirtschaftungskosten abgezogen, anschließend die Bodenwertverzinsung:
48.000 Euro – 12.000 Euro = 36.000 Euro (Reinertrag)
270.000 Euro × 0,035 = 9.450 Euro (Bodenwertverzinsung)
36.000 Euro – 9.450 Euro = 26.550 Euro (Gebäudereinertrag)
Schritt 3: Gebäudeertragswert ermitteln
Für die Kapitalisierung des Gebäudereinertrags wird der Vervielfältiger benötigt. Dieser ergibt sich aus der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszinssatz. Laut BMF-Tabelle beträgt der Vervielfältiger bei 40 Jahren und 3,5 Prozent: 23,11.
26.550 Euro × 23,11 = 613.571 Euro (Gebäudeertragswert)
Schritt 4: Gesamtwert und prozentuale Aufteilung
Gesamtwert = Bodenwert + Gebäudeertragswert
270.000 Euro + 613.571 Euro = 883.571 Euro
Prozentuale Anteile:
- Bodenwert: 270.000 / 883.571 = 30,6 Prozent
- Gebäudewert: 613.571 / 883.571 = 69,4 Prozent
Schritt 5: Übertragung auf den Kaufpreis
Die ermittelten Prozentsätze werden nun auf den tatsächlichen Kaufpreis angewendet:
Bodenwert: 850.000 Euro × 0,306 = 260.100 Euro
Gebäudewert: 850.000 Euro × 0,694 = 589.900 Euro
Ergebnis
Von dem Gesamtkaufpreis in Höhe von 850.000 Euro können 589.900 Euro als abschreibungsfähige Gebäudekosten steuerlich geltend gemacht werden. Bei einem Abschreibungssatz von 2 Prozent ergibt sich eine jährliche AfA von 11.798 Euro.
Die BMF-Arbeitshilfe 2025 im Detail
Das Bundesfinanzministerium hat im Januar 2025 eine aktualisierte Version seiner Excel-basierten Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung veröffentlicht. Dieses standardisierte Verfahren kommt zur Anwendung, wenn im Kaufvertrag keine Aufteilung vorgenommen wurde oder die vereinbarte Aufteilung vom Finanzamt angezweifelt wird.
Funktionsweise der Arbeitshilfe
Die BMF-Arbeitshilfe ist eine typisierte Schätzungshilfe, die sich methodisch primär an Elementen des Sachwertverfahrens orientiert. Sie berechnet die Immobilienwerte nach einem starren Schema mit pauschalierten Herstellungskosten und Baupreisindizes, was die individuellen Markt- und Zustandsverhältnisse Ihrer Immobilie nicht ausreichend berücksichtigt.
Das Tool ermittelt den Gebäudewert auf Basis standardisierter Parameter und setzt diesen ins Verhältnis zum Bodenwert. Dabei werden folgende Daten abgefragt:
- Grundstücksgröße und Bodenrichtwert
- Gebäudeart und Baujahr
- Wohn- oder Nutzfläche
- Mieteinnahmen (ergänzend zur Plausibilisierung)
- Typisierte Baukosten und Baupreisindex
Grenzen der standardisierten Berechnung
Die BMF-Arbeitshilfe arbeitet mit Pauschalisierungen und kann individuelle Besonderheiten nicht berücksichtigen:
- Besondere Ausstattungsmerkmale
- Modernisierungen und Sanierungen
- Denkmalschutzauflagen
- Besondere Marktlagen
- Spezielle Nutzungskonzepte
Hinweis: Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass Finanzgerichte bei Zweifeln an der Kaufpreisaufteilung ein Sachverständigengutachten einholen müssen und nicht einfach die BMF-Arbeitshilfe anwenden dürfen (BFH-Urteil vom 21. Juli 2020, IX R 26/19).
Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag festhalten
Die sicherste Methode zur Vermeidung späterer Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt ist die Festschreibung der Kaufpreisaufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag. Das Finanzamt ist grundsätzlich an die vertragliche Vereinbarung gebunden, sofern diese plausibel und wirtschaftlich nachvollziehbar ist.
Diese Bindungswirkung wurde durch mehrere wegweisende Urteile des Bundesfinanzhofs gestärkt:
BFH-Urteil vom 16. September 2015 (IX R 12/14): Das Finanzamt muss eine im notariellen Kaufvertrag festgehaltene Kaufpreisaufteilung grundsätzlich akzeptieren, es sei denn, es bestehen nennenswerte Zweifel an deren Richtigkeit – etwa bei einem Scheingeschäft oder einem krassen Missverhältnis zu den tatsächlichen Wertverhältnissen.
BFH-Urteil vom 21. Juli 2020 (IX R 26/19): Das Finanzgericht darf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung, die die realen Wertverhältnisse grundsätzlich verfehlt, nicht einfach durch die BMF-Arbeitshilfe ersetzen. Stattdessen ist in der Regel ein Sachverständigengutachten einzuholen.
Voraussetzungen für die Anerkennung
Damit das Finanzamt eine vertragliche Kaufpreisaufteilung akzeptiert, muss diese folgende Kriterien erfüllen:
- Fremdüblichkeit: Die Aufteilung muss einem Geschäft unter fremden Dritten entsprechen.
- Plausibilität: Die Werte dürfen die realen Verhältnisse nicht grundsätzlich verfehlen.
- Nachvollziehbarkeit: Die Berechnung sollte dokumentiert und begründet sein.
Toleranzgrenzen der Finanzgerichte
Die Rechtsprechung zeigt unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich akzeptabler Abweichungen vom Bodenrichtwert:
- FG München: Abweichungen unter 10 Prozent sind unbedenklich
- FG Berlin-Brandenburg: Ab 20 Prozent Abweichung wird die Aufteilung kritisch gesehen
- FG Düsseldorf: Eine Abweichung von 30 Prozent gilt als nicht mehr geringfügig
Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollte die Abweichung vom Bodenrichtwert nicht mehr als 10 Prozent betragen. Bei größeren Abweichungen ist eine sachverständige Begründung erforderlich.
Häufige Fehler bei der Kaufpreisaufteilung vermeiden
Fehler 1: Verwendung veralteter Bodenrichtwerte
Für die Kaufpreisaufteilung ist ausschließlich der Bodenrichtwert zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses maßgeblich. Die Verwendung älterer oder neuerer Werte führt zu einer fehlerhaften Berechnung.
Fehler 2: Unzureichende Dokumentation
Eine nachvollziehbare Dokumentation der Berechnungsgrundlagen ist essenziell. Fehlt diese, kann das Finanzamt die Aufteilung anzweifeln und eine eigene Berechnung vornehmen.
Fehler 3: Extreme Aufteilungen ohne Begründung
Kaufpreisaufteilungen, die deutlich von marktüblichen Verhältnissen abweichen, werden vom Finanzamt nicht akzeptiert. Eine sachverständige Begründung ist hier unerlässlich.
Fehler 4: Nichtberücksichtigung von Sondereinflüssen
Besondere wertmindernde oder wertsteigernde Faktoren (Altlasten, Denkmalschutz, besondere Lagemerkmale) müssen in die Berechnung einfließen.
Gutachterliche Kaufpreisaufteilung als optimale Lösung
Eine durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellte Kaufpreisaufteilung bietet mehrere entscheidende Vorteile:
Individuelle Bewertung
Im Gegensatz zur standardisierten BMF-Arbeitshilfe werden alle wertbeeinflussenden Faktoren der konkreten Immobilie berücksichtigt:
- Zustand und Ausstattung des Gebäudes
- Durchgeführte Modernisierungen
- Besondere Lagemerkmale
- Marktspezifische Gegebenheiten
- Rechtliche Belastungen
Rechtssicherheit
Ein qualifiziertes Sachverständigengutachten zur Kaufpreisaufteilung wird vom Finanzamt anerkannt. Es bietet eine fundierte Argumentationsgrundlage, falls die Behörde die Aufteilung dennoch infrage stellt.
Optimierung der Steuerersparnis
Durch die detaillierte Analyse können oft höhere Gebäudewertenanteile nachgewiesen werden, als dies mit der pauschalen BMF-Arbeitshilfe möglich wäre. Dies führt zu einer größeren jährlichen Abschreibung und damit zu einer höheren Steuerersparnis über die gesamte Nutzungsdauer.
Auch wenn bereits eine Kaufpreisaufteilung durch das Finanzamt vorgenommen wurde, kann diese durch ein Sachverständigengutachten korrigiert werden. Dank § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Änderungen zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei bestandskräftigen Bescheiden möglich, wenn das Gutachten neue Erkenntnisse über die tatsächlichen Wertverhältnisse liefert.
Zusammenfassend: Kaufpreisaufteilung professionell durchführen lassen
Die Kaufpreisaufteilung ist ein komplexes Thema mit erheblichen steuerlichen Auswirkungen. Eine fachgerecht durchgeführte Aufteilung maximiert Ihre Abschreibungsmöglichkeiten und minimiert Ihre Steuerlast über die gesamte Haltedauer der Immobilie. Die standardisierte BMF-Arbeitshilfe bietet zwar eine einfache Lösung, berücksichtigt jedoch nicht die individuellen Besonderheiten Ihrer Immobilie.
Eine gutachterliche Kaufpreisaufteilung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bietet maximale Rechtssicherheit und optimale steuerliche Ergebnisse. SCHIFFER Immobiliensachverständige erstellt Ihnen eine fundierte, gerichtsfeste Kaufpreisaufteilung, die den strengen Anforderungen der Finanzverwaltung standhält.
Jetzt beraten lassen und Steuern optimieren
Sichern Sie sich die optimale Kaufpreisaufteilung für Ihre Immobilie. Unsere zertifizierten Sachverständigen analysieren Ihre Immobilie detailliert und erstellen eine rechtssichere Kaufpreisaufteilung, die vom Finanzamt anerkannt wird.
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